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Johanna Simon (31)

Bauleiterin

Die technischen Grundlagen bekommt man auf jeden Fall durch das Studium an die Hand. Das Wesentliche lernt man aber auf der Baustelle - den Umgang mit Menschen zum Beispiel oder wie man von Anfang bis Ende ein Projekt umsetzt.

Johanna Simon (31 Jahre), Bauleiterin

Johanna, welches Projekt betreust du gerade?

Ich arbeite gerade auf einer Baustelle in Wuppertal Cronenberg.  Wir bauen dort den Ersatzneubau des BW Cronenberg, welches die L418 über die beiden Richtungsfahrbahnen der A46 überführt.

 

Wie bist du zu deinem jetzigen Beruf gekommen?

Nach dem Abi habe ich zuerst „Bauingenieurwesen“ und danach im Master „Konstruktiver Ingenieurbau“ mit Schwerpunkt Baubetrieb studiert. Während meines Studiums habe ich in einem großen Projektmanagement-Büro gearbeitet. Da ging es viel ums managen – also um Kosten, Termine und die Qualität. Ich wusste aber leider gar nicht, wie es draußen auf den Baustellen läuft. In den letzten beiden Mastersemestern habe ich mich dann erst als Praktikantin und später als Werkstudentin beworben. Das war auf jeden Fall der richtige Schritt, um im wahren Geschehen Erfahrungen zu sammeln. Ich habe anschließend eine Festanstellung bekommen und konnte so meinen Weg zur Bauleiterin machen.

 

Wieso hast du dich für das Studium entschieden?

Ich wusste erst nicht, was ich nach der Schule machen möchte. Auf dem Studientag der RWTH Aachen fand ich das Studium spannend. Es gibt später viele Möglichkeiten und es ist die perfekte Mischung aus draußen sein und im Büro arbeiten. Und ich wollte gerne mit Menschen arbeiten. Für die TU Dortmund habe ich mich entschieden, weil das Studium interdisziplinär ist: Gemeinsam mit Architekturstudierenden gibt es gemeinsame Projekte – wir haben zum Beispiel ein Haus entworfen, eine größere Halle und eine Werft. Das war echt spannend und durch das Studium habe ich viel mitgenommen.

 

Hat dich das Studium gut auf deinen Job vorbereitet?

Die technischen Grundlagen bekommt man auf jeden Fall durch das Studium an die Hand. Das Wesentliche lernt man aber auf der Baustelle - den Umgang mit Menschen zum Beispiel oder wie man von Anfang bis Ende ein Projekt umsetzt.

 

Wie sieht dein Arbeitstag als Bauleiterin aus?

Einen typischen Tag im Bereich der Bauleitung gibt es nicht. Jeden Tag tauchen neue Frage- und Aufgabestellungen auf, für die eine Lösung gefunden werden muss, um das Projekt terminlich und im Rahmen der veranschlagten Kosten abzuschließen. Ich bin um 7 Uhr auf der Baustelle, mache dort meine Runde und schaue, was gemacht werden muss. Dann gehe ich ins Büro und kümmere mich um Dokumentationen und Kalkulationen, erstelle Bauzeitenpläne, prüfe Ausschreibungen und Vergaben und schreibe Rechnungen. Meine Aufgaben sind sehr vielfältig und eigentlich kommt immer etwas dazwischen, worum ich mich dann zuerst kümmern muss. Aber das ist ja auch gerade das Spannende daran.

 

Mit welchen Menschen hast du in deinem Job zu tun?

Eigentlich mit sehr vielen an der Baustelle Beteiligten. Da sind zum einen unsere eigenen Mitarbeitenden, ich tausche mich aber auch mit Fachleuten aus anderen Unternehmen aus. Mal rufen Lieferanten an, dass sie nicht wissen, wo sie Material abliefern müssen, mal muss ich mich mit dem Auftraggeber abstimmen und dann muss ich wieder mit den Planern und Prüfern sprechen.

 

Wie oft bist du draußen auf der Baustelle?

Ich würde sagen, dass ich ca. 60 bis 70 Prozent meiner Zeit im Büro verbringe, das übrigens auch auf der Baustelle liegt. Ich wohne in Siegen, das ist fürs Pendeln einfach zu weit weg. Einen Tag in der Woche versuche ich von zuhause aus zu arbeiten. Das geht heutzutage ja zum Glück ganz gut.

 

Was war dein bislang größtes Projekt?

Das war während meiner Werkstudenten-Tätigkeit sowie zu meiner Anfangszeit als Bauleiterin: Das war definitiv das ÖPP Projekt A3 Steigerwaldautobahn zwischen Biebelried und Fürth/Erlangen, dem größten Infrastrukturprojekt Deutschlands, welches den 6-streifigen Ausbau des rund 76 Kilometer langen Abschnitts umfasst.

Ich durfte schon in der Angebotsphase mitarbeiten und das Projekt als Bauleiterin und Arbeitsvorbereiterin mitbetreuen. Ich war für den Brückenbau zuständig – wir haben in zweieinhalb Jahren 13 Überführungsbauwerke über die Autobahn gebaut. Das war echt klasse. Wir hatten ein großes, wirklich tolles Team und es war einfach wahnsinnig viel los.

 

Was ist deiner Meinung nach die größte Herausforderung in deinem Job?

Dass das Budget und der Zeitplan eingehalten werden. Ich muss immer schauen, wo wir derzeit stehen und was wir noch optimieren können. Und natürlich ist auch der Umgang und die Kommunikation mit unterschiedlichen Nachunternehmern, Lieferanten und Auftraggebern etwas tricky.

 

Was machst du, wenn es mal Probleme auf der Baustelle gibt?

Erstmal Ruhe bewahren und nicht in Panik verfallen. Der Rest ist Teamarbeit. Wir finden heraus, wo das Problem liegt und wie wir es lösen können.

 

Apropos Teamarbeit - wie wichtig ist sie?

Extrem wichtig. Ich habe zum Glück ein sehr starkes Team vor Ort. Wir arbeiten eng und sehr gut zusammen. Das macht viel aus. Es herrscht ein großer Rückhalt im Team und die gegenseitige Unterstützung ist stets vorhanden. Deshalb macht die Arbeit auch so viel Spaß.

 

Viele denken ja, als Frau hätte man es auf dem Bau nicht leicht. Ist das so?

Ich werde oft gefragt: Wie ist das denn mit den Herren auf der Baustelle? Ich persönlich finde die Arbeit sehr angenehm. Ich kann mich an keine Situation erinnern, in der ich als Frau benachteiligt oder nicht respektiert wurde. Es kommt natürlich aber ganz darauf an, wie man auftritt. Und es ist wichtig, seine Leistung zu bringen – egal ob als Frau oder als Mann. In meinem Fall gab es noch nie Ablehnung oder Probleme. Im Gegenteil. Viele finden es cool, dass ich da bin.

 

Welche Fähigkeiten brauchst du als Bauleiterin?

Als Bauleiterin muss ich kommunikativ, kompromissfähig und flexibel sein, aber auch Organisationstalent mitbringen. Besonders sollte mit allen am Projekt Beteiligten respektvoll, freundlich und empathisch umgegangen werden, da der Projekterfolg an jedem einzelnen hängt und ein gutes Baustellenklima maßgeblich zum Projekterfolg beiträgt.

 

Wie nachhaltig arbeitet ihr?

In der Baubranche ist das gar nicht so einfach. In Sachen nachhaltige Baustoffe ist definitiv noch Luft nach oben. Vieles hängt auch vom Auftraggeber ab – wir setzen schließlich das um, was in der Ausschreibung gefragt ist. Was auch zählt ist, dass man effizient arbeitet: So schont man Ressourcen, sorgt für weniger Fahrten und spart Material. Und wir haben auch schon Grünbrücken gebaut, die Tieren bei der gefahrlosen Überquerung von Autobahnen helfen.

 

Was würdest du jungen Leuten sagen wollen, die über den Beruf Bauingenieurin nachdenken?

Wer später Lust auf vielfältige Aufgaben hat, mit Menschen arbeiten und eigene Ideen entwickeln möchte, mal draußen und mal im Büro arbeiten will, findet hier einen perfekten Mix aus allem.